Ein Mittag am Gnadenhof Melcherhof

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  • Beitrag zuletzt geändert am:2. September 2025
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Ca. 120 Tiere leben am Gnadenhof Melcherhof in Kärnten, gegründet im Jahr 2009 und betrieben von der Hofleiterin Willemine und drei Tierpfleger*innen. Der Gnadenhof soll laut niedergeschriebener Vision ein Zufluchtsort für kranke und ausgestoßene Tiere sein [vgl. 10, 11]. Zahlreiche Schweine sind dort untergebracht, was einen speziellen Grund hat, wie ihr weiter unten erfährt. Neben den borstigen Zeitgenossen gibt es am Melcherhof außerdem Ziegen, Lamas, Esel, Hasen und mehr!

Claudia und ich waren im Rahmen unseres Sommerurlaubs am Klopeiner See beim Melcherhof zu Besuch. Vom Klopeiner See – bzw. unserer veganen Unterkunft dem Loving Hut – sind es nur etwa 14 Kilometer bis zum Gnadenhof.

Via Flyer sind wir auf den Gnaden- bzw. Lebenshof aufmerksam geworden und vereinbarten dann kurzerhand telefonisch einen Besuchstermin unter der Woche (reguläre Besuchszeiten: Samstag, 10–12 Uhr).

Am Melcherhof angekommen begrüßte uns in einer großen Scheune die leidenschaftlich engagierte, ursprünglich aus Rotterdam stammende, Hofchefin Willemine. Nach kurzem Smalltalk ging es dann auch gleich los mit der Führung:

Bei den gechillten Schweinen draußen

In einem großzügigen Gehege im Zentrum des Lebenshofs, durften wir die ersten Schweine – sogenannte Minischweine – begrüßen und streicheln.

Woher auch immer er herkommt: Dieser freundliche Zeitgenosse hatte Glück!

Willemine gab uns den Tipp, wir sollen uns den Schweinen am besten von der Seite annähern, da diese so entspannter bzw. beruhigter sind.

Dabei erzählte uns die Hofleiterin auch, dass es nicht grundlos so viele Schweine am Hof gibt: Eines Tages soll ein Schweinehalter die „Eingebung“ erhalten haben, alle seine ca. 40 Scheine auf einem Berg auszusetzen. Das hat er dann leider auch getan und der Melcherhof adoptierte die Schweine aus der Wildnis:

„Schweine-Einsammel-Story“-Infoschild am Melcherhof.

Angeblich sollen aber auch nach Jahren ursprünglich ausgesetzte Schweine gefunden worden sein – trotz der harschen bzw. ungewohnten Bedingungen draußen in der freien Natur.

Die Schweine am Melcherhof haben jedenfalls beides: Ein geschütztes Zuhause UND Naturelemente wie etwa Schlamm oder Stroh, in denen sie es sich gut gehen lassen können.

Bei den (un-) gechillten Schweinen im Stall

Auch drinnen im Stall ist augenscheinlich viel Platz für ein vergleichsweise unbeschwertes Schweineleben:

Willemine erzählte uns weiter, dass das schwarze Schwein namens Pumbaa (siehe Bild unten) quasi jeden Tag auf „seinen“ Platz in der Ecke will und dann so lange nebenbei wartet, bis der Platz gefälligst wieder frei ist! 🙂 Dabei könne es auch schon mal etwas lauter zugehen und unfreundlich werden. 😉

Wir fanden es jedenfalls wirklich schön, dass die Schweine viel Platz und Stroh zum Liegen, Wühlen & Cozur Verfügung haben – auch wenn der Stammplatz nicht immer frei sein mag 😉

In der konventionellen Schweinehaltung ist die Lebensrealität der Tiere leider eine ganz andere, denn dort sind beispielsweise Vollspaltenböden nach wie vor großteils im Einsatz. Derartige Böden sind nicht artgerecht, hart und in der Regel aus Beton. Kot und Urin gelangen durch deren Spalten nach unten – weiches Stroh wäre hier also nicht möglich, da die Spalten ansonsten verkleben würden (gerne die Petition vom VGT unterschreiben). [vgl. 1–5]

Bei den gezüchteten Hasen

Ja, auch Hasen haben am Melcherhof ein schönes Zuhause gefunden! Wie etwa der Hase/die Häsin unten am Bild, welche*r über ein recht großes „Doppelkinn“ (Fachausdruck: Wamme) verfügt.

Dieser dicke Bereich um den Hals hat sich laut Willemine aber nicht aufgrund der Evolution derart groß entwickelt, sondern wurde von uns Menschen gezielt so gezüchtet – nicht zum Knuddeln, sondern laut der Hofchefin um mehr Essbares zu erhalten. Also ja, diese Hasen sollten eigentlich auf dem Teller landen. 🙁

Außerdem sei die Hygiene bzw. das selbstständige Putzen der Tiere durch die dicke Wamme erschwert – ärgerlich!

Beim hungrigen Lama Konstantin

Weiter ging’s mit einer Fütteraktion beim Lama namens Konstantin.

Claudia und ich durften eine große Futterschüssel abwechselnd in der Höhe von Konstantins Kopf halten und ihm andächtig beim genussvollen Essen zusehen. Das war schon ein kleines Highlight der Führung, denn das Lama starrte uns mit seinen unglaublich schönen, großen Augen an und für uns war es eine aufregende und dennoch meditative Aufgabe zugleich.

Einen Moment lang hatte ich jedoch ein bisschen Bammel, dass mich das Lama anspuckt – was mir mal auf Gut Aiderbichl passiert ist – aber Konstantin wollte wohl seinen Futterlieferanten nicht vergraulen 😉

Bei den gehörnten Ziegen

Bei den Ziegen angekommen dachte ich mir zuerst, oje, vor lauter Aufregung müssen sie sich jetzt direkt vor uns dem Mittagessen entledigen, also koten und urinieren, aber Willemine meinte, das sei ein Zeichen der Entspannung bzw. unsere Anwesenheit kein Stress.

Aufgrund der spitzen Hörner der Ziegen, welcher übrigens Paarhufer und Wiederkäuer sind [vgl. 6], war ich an dieser Station etwas vorsichtiger – vor allem zu Beginn. Aber auch hier konnten wir uns den Tieren vorsichtig annähern und diese auch berühren.

Wie beim Lama Konstantin fielen uns die schönen Augen der Tiere auf. Aber auch das recht großzügige Gelände und die schöne Holzhütte mit Stroh und Besenborsten – wo sich die Ziegen reiben können – gefielen uns gut.

Schleckfreudige Ponys, Esel und Pferde

Ponys, Esel und Pferde sind im Gegensatz zu Ziegen sogenannte Einhufer (also pro Bein ein Huf). [vgl. 7, 8, 9] Aufgrund der doch recht stattlichen Größe war auch hier der Respekt groß und ein Esel gab mir mit seinem Kopf sogar einen beherzten, aber harmlosen Stups danach musste sogar etwas lachen und Wilhelmine erklärte mir, der Esel mache das wenn er jemanden mag. Ich fühle mich geehrt!

Ihr kennt den Anblick vermutlich, wenn bei Kühen & Co Insekten um die Augen schwirren: Willemine sprach einem dahingehend betroffenen Pony tröstend zu und meinte, dass die Fliegen zwar lästig seien, aber bald Regen käme und dieser die Lage bessern würde.

Das Pony schien trotzdem recht gut gelaunt und schleckte mir voll motiviert meine Hand ab. Wahrlich eng war also auch hier der Kontakt – was bestimmt nicht jede*r mag – und ich dachte mir währenddessen: Ich wasche mir danach einfach meine Hände und gut ist! 🙂

Die körperliche Nähe zu den Tieren verursachte bei mir eine gewisse emotionale Verbindung, welche aus meiner Sicht für eine vegane Lebensweise (zusätzlich) motivieren oder die Motivation auffrischen kann. Mein Tipp: Probiere es einfach selbst aus und besuche einen Lebenshof!

Bei den weichen Schafen an der Futterstation

Mit lautstarken „Mäh“-Geräuschen wurden wir bei unserer letzten Station, den Schafen, begrüßt. Direkt im Futtergehege arbeitete gerade eine Tierpflegerin und kümmerte sich um Nahrungsnachschub. Gemeinsam mit Willemine durfte auch ich einen großen Sack Stroh in die Futterstation befördern – 1, 2, 3 und rein damit!

Bene und Willemine tragen gemeinsam einen Strohsack zu den Schafen.

Das Knistern vom Stroh, die weiche Wolle der Schafe und der Augenschmaus, den Schafen genüsslich beim Essen zuzusehen, war auch hier beruhigend und schön. Währenddessen erzählte uns die Tierpflegerin, dass sie bereits seit ca. 7 Jahren am Hof arbeitet und zuvor einen Bürojob hatte. Die Arbeit mit den Tieren gefalle ihr sehr gut und sie könne sich quasi nichts anderes mehr vorstellen.

Diese positive Einstellung zur Hofarbeit war und ist für mich gut nachvollziehbar, denn die Bewegung an der frischen Luft, die verschiedenen Tiere und das ganze Engagement für einen guten Zweck, das hat schon was! Dennoch ist der Job – wie jeder andere auch – natürlich nicht für jede*n etwas.

Zufriedener Abschied mit kleinem Schöhnheitsfleck

Zu Beginn erzählte uns Willemine, dass manche Besucher*innen etwa einen Sack Karotten als Spende mitbringen – der Hof brauche aber vor allem dringend Geldspenden um laufende Kosten zu decken und hilfsbedürftige Tiere aufnehmen zu können [vgl. 11, 12].

Dieser Bitte gingen wir dann auch nach. Zusätzlich haben wir ein paar Vegan-Sticker und Folder von einem anderen Lebenshof dagelassen. Ich freute mich sehr, als Willemine meinte, sie möchte die Sticker an ihrem Auto anbringen – yuhuuu, Ziel erreicht! 😀

Bene mit einem Strohsack für die Ziegen und Willemine mit einer Futterschüssel für Lama Konstantin.

Zum Schluss bin ich Glückspilz noch in einen großen Kothaufen gestiegen! :/ Und ich dachte mir schon, ich konnte das vermeiden – zu früh gefreut! 😀 Aber war nicht schlimm, das gehört vermutlich zur vollumfänglichen Lebenshof-Erfahrung dazu und ein paar Schuh-Schleifer später (Tipp: Schotter + Wiese) war die Sohle wieder halbwegs in Ordnung.

Fazit

Der Melcherhof ist eine bunte Wohlfühloase und Zufluchtsortfür hilfsbedürftige Tiere (z. B. ehemalige Nutztiere). Wie eine andere Welt muss es sich für die unterschiedlichen Lebewesen anfühlen, hier aufgenommen zu werden.

Der Eingangsbereich vom Melcherhof.

Den Hof zu betreiben und zu erhalten, das Personal, Futter und Tierarztkosten gehen natürlich ins Geld. Wenn ihr also ein paar Taler übrig habt und euch Tiere am Herzen liegen, sind diese am Melcherhof sicherlich gut aufgehoben.

Dafür könnt ihr persönlich am Hof vorbeischauen und mit den Tieren in Kontakt treten – von sicherer Distanz oder (teilweise) aus direkter Nähe. Wem das noch zu wenig ist und in der Nähe wohnt, kann sich natürlich auch ehrenamtlich engagieren, z. B. bei der Hofarbeit. Oder von der Ferne ehrenamtliche Dienstleistungen anbieten (z. B. Marketing).

Wir wünschen Willemine und ihrem tierischen und menschlichen Team jedenfalls alles Gute, viel Spaß bei der Arbeit und zahlreiche engagierte Helfer*innen, Tierpatenschaften und Spenden!

Quellen und weitere Infos

Allgemein

[1]: https://vgt.at/de/petitionen/vollspaltenboden-schweine

[2]: https://de.wikipedia.org/wiki/Vollspaltenboden

[3]: https://www.landschafftleben.at/service-aktuelles/blog/Wann-wird-der-Vollspaltenboden-in-der-Schweinehaltung-verboten_b6466

[4]: https://vgt.at/de/aktivitaeten/fokuskampagne/vollspaltenboden.html

[5]: https://stmk.gruene.at/wiki/tierschutz/was-ist-ein-vollspaltenboden/

[6]: https://de.wikipedia.org/wiki/Ziegen

[7]: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Glossar/einhufer.html

[8]: https://de.wikipedia.org/wiki/Pferde

[9]: https://de.wikipedia.org/wiki/Equidae

Melcherhof

[10]: https://www.instagram.com/gnadenhof_melcherhof/

[11]: https://www.tierundnaturschutz.at/index.php/melcherhof.html

[12]: https://www.tierundnaturschutz.at/index.php/spenden.html

[13]: https://www.tierundnaturschutz.at/index.php/tierpatenschaften.html

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