10 Fragen an den Tierrechts-Autor Helmut F. Kaplan

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  • Beitrag zuletzt geändert am:20. September 2021
  • Beitrags-Kategorie:Ethik
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Ich hatte die Ehre dem langjährigen Tierrechts-Autor Helmut F. Kaplan in einem Interview zehn Fragen über die aktuelle Entwicklung im Bereich Veganismus und Tierrechte zu stellen. Auch lockere, private Fragen sind mit dabei! Nur so viel vorab: Die Antworten sind meiner Meinung nach sehr ehrlich, direkt und man merkt wie viel Herzblut Herr Kaplan in seine Arbeit steckt! Ich hoffe die folgenden Zeilen inspirieren dich und wecken/verstärken dein Feuer für die vegane Lebensweise. 🔥🌱

Viel Spaß beim Lesen!

1. Du bist seit Mitte der 1980er Jahre Tierrechts-Autor. Woher nimmst du die Motivation, über einen solch langen Zeitraum aktiv zu sein?

Die Motivation dafür, etwas lebenslang zu betreiben, ist wohl individuell unterschiedlich. Aber eine gewisse Besessenheit gehört wohl generell dazu. Dafür spricht auch, dass man an der Sache dranbleibt mehr oder weniger unabhängig vom Erfolg. Tierrechte sind ja auch seit Jahren kein primäres, geschweige denn mediales Thema mehr – gegenwärtig geht es vor allem um Bio, Öko, Regional, Nachhaltigkeit, Klima und Tierwohl. Aber ich bleibe beim Thema Tierrechte, weil ich  davon überzeugt bin, dass es ohne Tierrechte für Tiere keine substantiellen Veränderungen geben kann.

2. Wie bist du damals auf das Thema Tierrechte aufmerksam geworden?

Alles begann mit dem Anblick von toten Tieren, die zum Spaß umgebracht wurden, also von Jägern, oder damit wir sie essen können, ausgestellt in Lebensmittelgeschäften. Das war noch in meiner Kindheit, lange bevor es eine Tierrechtsbewegung gab. Aber ich hatte augenblicklich das sichere Gefühl: Hier stimmt etwas grundlegend nicht, das kann doch nicht in Ordnung sein! Und ich nahm mir vor, daran etwas zu ändern. Später studierte ich zu diesem Zweck Psychologie und Philosophie. Und als ich, so vorbereitet, prüfen wollte, ob es da schon irgendwelche „Vorarbeiten“ gäbe, an die ich anknüpfen könnte, stieß ich auf die Tierrechtsphilosophie – und blieb dabei.

3. Es leben immer mehr Menschen vegan. Wie siehst du diese Entwicklung?

Je mehr Menschen vegan leben, desto weniger Tierleid gibt es und desto leichter wird es, vegan zu leben. Das Problem: Der entscheidende Aspekt, nämlich der ethische Aspekt, wird viel zuwenig gesehen: Alle, die nicht vegan leben, verursachen immenses Tierleid.

4. Was ist dein liebstes veganes Essen?

Diese Frage ist ein Teil des Problems: Niemand käme auf die Idee, jemanden, der sich für Menschenrechte engagiert, nach seinem Lieblingsessen zu fragen! Der Punkt ist: Alle, die nicht vegan leben, verursachen, wie gesagt, immenses Tierleid. Und zwar völlig unabhängig davon, wie das Essen – das vegane wie das nicht-vegane – schmeckt. Mit anderen Worten: Der Geschmack des Essens ist hier, wo es um Leben oder Tod und immenses Leiden geht, absolut irrelevant!

5. Was muss passieren, damit noch weniger oder gar keine Tierprodukte mehr konsumiert werden?

Momentan ist alles im Fluss. Aber folgende Ebenen sind auf alle Fälle wichtig: Gesundheit: vegan ist gesund, Ökologie: vegan ist ökologisch, und Ethik: vegan verhindert völlig unnötiges Tierleid

6. Reicht es aus, vegetarisch zu leben? 

Es reicht nicht einmal aus, vegan zu leben – wenn man vegan aufs Essen bezieht: Selbst wenn jemand nur vegan isst, bleiben noch wichtige tierschädigende Bereiche übrig: Pelz, Tierversuche und viele Produkte, mit denen wir dauernd in Berühung kommen, enthalten auch tierliche Bestandteile, etwa Lacke, Farben, Bremsflüssigkeiten und Computerbildschirme. Der einzige zuverlässige Denk- und Verhaltenskompass sind Tierethik bzw. Tierrechte.

7. Viele Kritiker des Veganismus sagen, dass der Mensch über Jahrtausende auf eine Mischkost programmiert ist. Was sagst du dazu?

Auf der medizinischen Ebene herrscht sowieso längst Einvernehmen darüber, dass vegan viel gesünder ist. Und auf der moralischen Ebene ist der Einwand von vornherein belanglos: Seit Jahrtausenden ist der Mensch auch auf Kriegführen, Foltern und Vergewaltigen programmiert. Dennoch käme niemand auf die Idee, heutige Greuel, etwa in Syrien, mit der „langen Tradition“ dieser Verbrechen zu rechtfertigen.

8. Was ist deine Meinung zu In-vitro-Fleisch?

Das Einzige, was In-vitro-Fleisch bis jetzt wirklich bewirkt hat, ist, eine zusätzliche Ausrede für Fleischesser zu schaffen. Negatives Musterbeispiel: Richard David Precht sagt, bald werde es nur noch In-vitro-Fleisch geben und während dieser kurzen Übergangsphase esse er halt noch normales Fleisch.

Das sachliche Problem: Seit vielen Jahren werden Fleischesser auf Biofleisch eingeschworen, was eine Chiffre für „natürlich“ ist. Deshalb ist höchst zweifelhaft, dass sich die Menschen jetzt wieder auf das Gegenteil von „natürlich“: auf „Laborfleisch“, umpolen lassen. Zumal hierfür jegliche Motivation fehlt: Fleischproduzenten wie Fleischkonsumenten sind mit der jetzigen Situation hochzufrieden: Die Produzenten belügen die Konsumenten mit dem Bio-Märchen und machen damit Profit, und die Konsumenten lassen sich liebend gerne belügen, weil sie sich mit „Biofleisch“ buchstäblich ein gutes Gewissen kaufen.

9. Du hast ein neues Buch geschrieben. Um was geht es und was ist die Kernmessage?

Das Buch heißt „Menschenrechte und Tierrechte“ (Anmerkung: Unbezahlte Werbung) und ist das erste Tierrechtsbuch mit dem Aufhänger Menschenrechte: Der Zweck von Menschenrechten kann so formuliert werden: den Menschen ein Leben gemäß ihren Fähigkeiten, Bedürfnissen und Interessen als Personen zu ermöglichen. Wer solche Menschenrechte befürwortet, muss konsequenterweise auch Tierrechte befürworten, weil auch viele Tiere Personen sind. Auch viele Tiere haben die Fähigkeiten, Bedürfnisse und Interessen von Personen. Vor diesem Hintergrund der fundamentalen Einheit von Menschenrechten und Tierrechten werden im Buch alle moralischen Fragen in Bezug auf Tiere prinzipiell auf den Punkt gebracht bzw. beantwortet.

10. Welche Pläne hast du für die Zukunft?

Der Titel des nächsten Buches wird lauten „Tierrechte und Menschenrechte – Eine Einheit“. Es geht um die Wiedersensibilisierung dafür, was mit moralischen Tierrechten analog moralischen Menschenrechten überhaupt gemeint ist. Dieses Wissen droht nämlich durch das ewige Gerede über „Bio“ und „Tierwohl“ völlig verlorenzugehen. Immer häufiger werden Tierrechte mit Tierschutzgesetzen verwechselt. Aber Tierschutzgesetze sind fast das Gegenteil von Tierrechten – jedenfalls werden trotz aller Tierschutzgesetze praktisch alle denkbaren Verbrechen an Tieren begangen.

Danke für das Interview Helmut!

Das war’s! Vielen Dank für das pikante Interview Helmut (Anm.: wir kennen uns privat)! Das Buch habe ich gelesen und es ist meiner Meinung nach sehr gelungen. Es bietet viele interessante Gedankengänge rund um den Bereich Tierethik und stellt eine Verbindung zwischen Menschen- und Tierrechten her. Vermutlich nicht für jede(n) ganz einfach zu lesen, aber es ist eben sehr fundiert und hat einen wissenschaftlichen Anspruch!

Update: Mittlerweile gibt es die Fortsetzung des Buchs, nun unter dem Titel „Tierrechte und Menschenrechte: Eine Einheit“!

Facebook: @tierrechte

Noch ein Tipp: Helmut F. Kaplan ist vor allem auf Facebook sehr aktiv. Folge ihm hier um Aktuelles aus dem Bereich Tierrechte zu erfahren!

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